Kita professionell leiten mit Themenzentrierter Interaktion (TZI) – Ein Ansatz für mehr Miteinander und Verantwortung

Leitung in der Kita bedeutet heute mehr als Organisation und Kontrolle – sie braucht Haltung, Beziehungsgestaltung und die Fähigkeit, alle Beteiligten in Prozesse einzubeziehen. Die Themenzentrierte Interaktion (TZI) nach Ruth Cohn bietet hierfür einen wertvollen pädagogischen und kommunikativen Rahmen. Sie hilft dabei, Leitung partizipativ, verantwortungsvoll und gleichzeitig zielgerichtet zu gestalten. In diesem Artikel zeigen wir, wie TZI in der Leitungspraxis einer Kindertageseinrichtung wirksam eingesetzt werden kann.

Was ist Themenzentrierte Interaktion (TZI)?

Die TZI ist ein pädagogisches und gruppendynamisches Konzept, das von der Psychoanalytikerin Ruth Cohn entwickelt wurde. Es verbindet Selbstverantwortung, Gruppenprozesse und inhaltliche Arbeit auf Augenhöhe. Der Leitsatz:

„Sei dein eigener Leiter und beachte die Bedürfnisse der anderen.“

 

Im Zentrum stehen vier dynamisch miteinander verbundene Faktoren:

-ICH – Die Einzelperson mit ihren Gefühlen, Meinungen und Bedürfnissen
-WIR – Die Gruppe, die Gemeinschaft, das Team
-ES – Das Thema oder die Aufgabe
-GLOBE – Das Umfeld, also Rahmenbedingungen, Organisation, Zeit, Raum, Gesellschaft

Diese Faktoren stehen in Wechselwirkung – eine gute Leitung beachtet und balanciert sie.

Die vier Faktoren der TZI in der Kitaleitung

1. ICH – Leitung mit Selbstreflexion

Eine gute Leitung kennt die eigenen Grenzen, Bedürfnisse und Werte. TZI fördert Selbstverantwortung und Authentizität:

-Was löst eine Situation in mir aus?
-Was ist mein Beitrag zur Dynamik?
-Welche Rolle übernehme ich – bewusst oder unbewusst?

➡️ In Teamsitzungen bedeutet das: Ich bringe meine Position klar ein, aber höre auch zu, ohne mich über andere zu stellen.

2. WIR – Teams und Gruppenprozesse stärken

TZI betont die Verantwortung für das Miteinander. Leitungen fördern Transparenz, Vertrauen und Verbindlichkeit:

-Wie sprechen wir miteinander?
-Wie gehen wir mit Spannungen um?
-Wie schaffen wir Beteiligung?

➡️ Beispiel: In einem Konflikt zwischen Teammitgliedern moderiert die Leitung nicht als „Richter“, sondern als Ermöglicher von Dialog und Verständnis.

3. ES – Aufgaben klar strukturieren

Jede Leitung steht inhaltlich vor Herausforderungen: Konzeptarbeit, Qualitätsentwicklung, Elternarbeit. TZI hilft, Aufgaben klar und sinnvoll zu setzen, ohne die Menschen zu vergessen.

-Was ist das Ziel?
-Wer übernimmt was?
-Was ist realistisch?

➡️ Beispiel: Bei der Planung eines Sommerfestes werden sowohl pädagogische Ziele als auch emotionale Belastungen im Team beachtet.

4. GLOBE – Rahmenbedingungen einbeziehen

Leitung bedeutet auch, realistisch mit äußeren Bedingungen umzugehen: Zeit, Geld, politische Vorgaben. TZI leugnet diese Faktoren nicht, sondern nimmt sie aktiv in die Balance mit auf.

➡️ Beispiel: Personalmangel wird offen angesprochen und gemeinsam über Lösungen diskutiert, statt Druck aufzubauen oder Schuld zu verteilen.


Haltung statt Hierarchie: Die Rolle der Leitung im TZI-Kontext

TZI-Leitung ist transparent, klar und gleichzeitig kooperativ. Sie basiert auf:

-Dialogischer Kommunikation statt Machtwort
-Gegenseitiger Achtung statt Kontrolle
-Klaren Regeln und Abläufen, die gemeinsam getragen werden
-Konfliktfähigkeit und echter Auseinandersetzung

TZI ist keine „Kuschel-Methode“, sondern fordert eine hohe persönliche Reife und Klarheit. Es geht darum, miteinander zu führen – nicht über andere.


Praktische Anwendung in der Kita: Beispiele für TZI im Alltag

-Teamsitzungen werden nach dem TZI-Modell strukturiert: mit klar definierten Themen (ES), Raum für persönliche Beiträge (ICH), gemeinsamen Aushandlungen (WIR) und realistischer Einordnung (GLOBE).
-Elterngespräche werden auf Augenhöhe geführt, mit dem Ziel echter Kooperation – nicht bloßer Informationsweitergabe.
-Pädagogische Tage nutzen TZI-Impulse zur Selbstreflexion: „Was ist mir wichtig an guter Kita-Arbeit?“
-Konfliktklärung wird nicht als Störung, sondern als Wachstumschance verstanden.
-Mitarbeiterentwicklung geschieht durch Feedbackprozesse, die individuell UND gemeinschaftlich gedacht sind.


Vorteile der TZI für Teams, Kinder und Eltern

Stärkere Teamkultur – durch Beteiligung und Reflexion
Mehr Selbstverantwortung im Team – weniger „Dienst nach Vorschrift“
Weniger Konflikte, da Spannungen früher erkannt und bearbeitet werden
Höhere Zufriedenheit bei Eltern, da Kommunikation transparenter ist
Kinder profitieren, weil Erwachsene authentisch und klar agieren
Professionalisierung der Leitung, ohne Abkehr von Menschlichkeit


Fazit: Miteinander gestalten statt führen

Die Themenzentrierte Interaktion ist ein kraftvoller Ansatz für die pädagogische Leitung von Kitas. Sie vereint Verantwortung, Klarheit und Beziehungskompetenz in einem integrativen Modell. Leitungskräfte, die mit TZI arbeiten, schaffen Räume für Entwicklung – bei sich selbst, im Team, bei Kindern und Eltern. In einer Zeit, in der Kita-Leitung oft zwischen Druck, Verantwortung und Personalmangel zerrieben wird, bietet die TZI eine Haltung, die trägt: partizipativ, klar und menschlich zugleich.

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